Danuta Brzosko-Medryk † + Dr. Joseph Rossaint †
Danuta Brzosko-Medryk (Polen)
Am 4. August 1921 wird Danuta Brzosko in dem polnischen Ort Pultusk geboren. Als Kind ist sie Mitglied im Pfadfinderbund, Autorin und Darstellerin im Schultheater. Trotz Schulverbots durch die deutschen Besatzer besucht sie illegal das Königin-Jadwiga-Gymnasium in Warschau. Sie möchte Kinderärztin oder Schriftstellerin werden.
Im Juli 1940, während der Abiturprüfung, wird Danuta Brzosko wegen illegalen Schulbesuchs verhaftet. Sie sitzt mit ebenfalls verhafteten Lehrern für drei Wochen im Pawiak-Gefängnis in Warschau, wo sie die letzten Abiturprüfungen ablegt. Die Freilassung erfolgt vermutlich auf öffentlichen Druck hin. Im August 1942 erfolgt die zweite Verhaftung – wieder Pawiak-Gefängnis -, am 18. Januar 1943 die Einlieferung in das KZ Majdanek. Dort organisiert sie gegenseitige Hilfe unter den Frauen und betreibt mit anderen das illegale Kabarett „Radio Majdanek“. Im April 1944 wird Danuta Brzosko in das KZ Ravensbrück überstellt. Im Juni kommt sie in das Außenlager HASAG Leipzig des KZ Buchenwald, wo sie für die deutsche Rüstung arbeiten muss. Während eines Evakuierungsmarsches, auf den die SS die Häftlinge treibt, wird sie in der Nähe von Wurzen am 26. April 1945 durch kanadische Truppen befreit.
Nach ihrer Rückkehr nach Polen studiert Danuta Brzosko in Łódź Medizin und arbeitet seit 1949 bis 1976 als Zahnärztin. Sie heiratet Jerzy Medryk. 1965 beginnt sie zu schreiben: Romane mit autobiographischen Zügen, in denen sie vor allem ihre Erinnerungen an das KZ und das Schicksal von Frauen und Kindern im Zweiten Weltkrieg thematisiert. Später schreibt sie auch Filmdrehbücher. Seit den siebziger Jahren ist Danuta Brzosko-Medryk in der Friedensbewegung tätig, 1989 erhält sie den Aachener Friedenspreis.
Sie gehört der „Hauptkommission zur Untersuchung der Naziverbrechen in Polen“ an. Im Internationalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos vertritt sie von 1996 bis 2001 die ehemaligen weiblichen Häftlinge des KZ Buchenwald. 1998 bis 2003 ist sie Mitglied des Beirats ehemaliger Häftlinge des KZ Buchenwald an der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.
Danuta Brzosko-Medryk verstarb am 1. September 2015 in Warschau.
Dr. Joseph Rossaint (Deutschland)
Auszug aus der Laudatorenrede von 1991 (Christian Lawan, VVN-BdA):
„Du, lieber Josef, gehörst zu den Menschen, die ihr Leben in der Weise gestalten, wie Kurt Tucholsky es einmal sinngemäß so formuliert hat, daß es eine große Kraftanstrengung sei, sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und dies auch klar und deutlich und vernehmbar zu bekennen. Diese Haltung schlug sich nieder, als Du Dich in der Weimarer Republik im Friedensbund Deutscher Katholiken engagiert hast, als Du Dich während des Faschismus gemeinsam mit Aktiven der katholischen Jugend sowie kommunistischen und sozialistischen Jugendlichen gegen Krieg und Faschismus zur Wehr gesetzt hast und dafür von den Nazis bis Kriegsende ins Zuchthaus geworfen wurdest. Wolfgang Abendroth schrieb einmal zum sogenannten Katholikenprozess von 1937, in dem Du der Hauptangeklagte warst: „Der Prozeß gegen Rossaint wurde daher zu einem Fanal und sein Auftreten ein Hoffnungspunkt für uns alle, die wir damals im Widerstandskampf gegen den Staat der totalen Barbarei teilgenommen haben.“ Nach 1945, nach Deiner Befreiung setztest Du Dein Engagement unvermindert fort: in diversen Verbänden nicht zuletzt als wichtiger Funktionsträger bis hin zum Präsidenten und Vizepräsidenten in der VVN-Bund der Antifaschisten und der FIR, der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer. (…)
Deinem Vorbild, Deinem Beispiel für gelebte Christlichkeit, Deinem ständigen Streben, Faschismus und Krieg aus christlicher Verantwortung heraus zu bekämpfen und zu überwinden, werden wir alle am besten dadurch gerecht, daß wir uns heute nicht nur mit Friedensworten und Forderungen an die Regierenden begnügen, sondern konkrete Friedensarbeit betreiben, zum Beispiel im Zusammenleben mit den ausländischen Menschen in unseren Städten und Gemeinden, mit Flüchtlingen, die aus Bedräng-nis zu uns kommen. Dazu gehört auch, daß wir uns gegen diejenigen zur Wehr setzen, die mit geschliffenen und starken Worten sowie blanker Demagogie wieder Menschenrechte teilen wollen, Haß säen und rechtsextremistische bis neofaschistische Scheinlösungen propagieren. Unsere besondere Verantwortung liegt hier, ganz im Sinne Deines Lebens in einer intensiven Zuwendung zur Jugend.“