Nabila Espanioly (Palästina) und Reuven Moskovitz † (Israel)
Nabila Espanioly, 1955 in Nazareth geboren, ist Palästinenserin mit israelischem Pass, sie hat in Bamberg Psychologie studiert und ist Diplom-Psychologin. Sie ist seit 25 Jahren in der israelischen Friedensbewegung aktiv. Ihr Anliegen ist es, palästinensische und jüdische Frauen in ihrem Wunsch nach Frieden zusammenzuführen.
Obwohl alle Frauen einen israelischen Pass haben und in Israel leben, gibt es im Alltag kaum Begegnungsmöglichkeiten. Sie gründete die Gruppe „Jüdisch-arabische Frauen für den Frieden“ und ist Vorsitzende der palästinensisch-jüdischen Frauengruppe für Menschenrechte, Mozavar. Friedenspolitik, Frauenförderung und frühkindliche Erziehung gehören für sie untrennbar zusammen.
Außerdem koordiniert sie Plakataktionen und entwirft zur Veröffentlichung in der Presse Aufrufe der verschiedenen Frauengruppen gegen den Krieg. Sie ist an den Vorbereitungen der großen Demonstrationen in Tel Aviv beteiligt und leitet, gemeinsam mit Reuven Moskovitz, Solidaritätsprogramme der Frauengruppen, um die eingeschlossenen Palästinensern in der Westbank und in Gaza mit Lebensmittel und Spielzeug zu versorgen Dabei geht es auch darum, der wachsenden Hoffnungslosigkeit entgegenzuwirken. Bei diesen Transporten kam es in der letzten Zeit an den Check Points wiederholt zu Auseinandersetzungen mit der israelischen Armee. Die Begleiterinnen der Transporte, auch Nabila selbst, wurden geschlagen und mit Tränengas auseinandergetrieben. Sie koordiniert aktuell auch finanzielle Unterstützung der Familien in der Westbank und in Gaza, die aufgrund der politischen Lage ohne festes Einkommen sind.
Friedenspolitik, Frauenförderung und frühkindliche Erziehung gehören für Nabila Espanioly untrennbar zusammen. Die palästinensische Bevölkerung in Israel ist nicht gleichberechtigt und einer zunehmenden Diskriminierung in allen Lebensbereichen ausgesetzt. Besonders die palästinensischen Frauen in Israel stehen bei der Vergabe von Arbeitsplätzen an letzter Stelle. Die traditionellen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft gibt es seit der Vertreibung 1948 und den Enteignungen in den folgenden Jahren nicht mehr. Nur noch 2% des Landes ist im Besitz der Palästinenser. Da die landlosen palästinensischen Männer nun überwiegend als ungelernte Arbeiter mit geringem Einkommen beschäftigt sind, ist die Mitarbeit der Frauen dringend erforderlich. Es fehlt aber an Kindergartenplätzen. Während 95,4% der jüdischen Kinder einen Kindergarten besuchen, steht ein solcher Platz nur für 36% der palästinensischen Kinder in Israel zur Verfügung. Auch die Ausstattung der Kindergärten und Schulen für palästinensische Kinder in Israel ist unzureichend. Die vom israelischen Erziehungsministerium herausgebrachten Kinderbücher und Spielmaterialien, erscheinen auf Hebräisch, gehen von jüdischen Lebensverhältnissen aus und berücksichtigen nicht die Sprache und das kulturelle Erbe der Palästinenser. Die Stärkung einer palästinensischen Identität ist deshalb für Nabila Espanioly unerlässliche Grundlage einer multikulturellen Gesellschaft in Israel.
- Das gesellschaftliche Ungleichgewicht sieht Nabila Espanioly durch die Gründung der von ihr geleiteten Nazareth Nurseries Institutes positiv verändert. Es ist eine nicht-profitorientierte ehrenamtliche Frauen-Organisation, die 1984 gegründet wurde. Das erste Projekt war die Gründung einer Kinderkrippe. 1989 wurde dann das frauenpädagogische Zentrum „Al Tufula“ (Kindheit) ins Leben gerufen. Hier können sich palästinensische Frauen aus den Dörfern zu Erzieherinnen ausbilden lassen, nicht nur um einen Beruf, sondern auch um Management zu erlernen und Selbstbewusstsein zu erwerben. In den Ausbildungsplan wurde auch tradiertes Wissen der Frauen aufgenommen. Dadurch lernen die Frauen ihre eigenen Werte, Kenntnisse und Fähigkeiten schätzen. Das Institut klärt außerdem auf über die staatsbürgerlichen Rechte und gibt Hilfestellung bei deren Durchsetzung. Die Finanzierung der Projekte ist sehr schwierig, da Israel kein Entwicklungsland ist und deshalb keine Gelder der Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt werden können. Das Institut ist deshalb auf Spenden aus dem Ausland angewiesen.
Reuven Moskovitz wurde 1928 in Rumänien geboren, überlebte den Holocaust und wanderte 1947 nach Palästina ein. Seit fast 40 Jahren warnt er vor der Gefahr des eskalierenden Terrors und Gegenterrors im Nahen Osten.
Sehr früh engagierte er sich in der israelischen Friedensbewegung und wurde nach dem Sechstagekrieg 1967 Sekretär der Bewegung „Für Frieden und Sicherheit“, die sich gegen die Annexion der besetzten Gebiete und für eine sofortige Lösung des Flüchtlingsproblems, die gegen-seitige Anerkennung Israels und der arabischen Staaten sowie das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung einsetzte.
Er ist Mitbegründer des 1972 gegründeten Friedensdorfes Neve Shalom/ Wahat al Salam in Israel, in dem Juden und Palästinenser zusammen leben und in ständigem Dialog das friedliche Zusammenleben einüben.
2001 wurde Moskovitz mit dem Mount Zion Award ausgezeichnet.
Am 4. August 2017 verstarb Reuven Moskovitz im Kreis seiner Familie.