Marco Arana (Peru) und Austin Peter Brandt (Phoenix e.V.)
Marco Arana (Peru)
Der Reichtum geht, die Zerstörung bleibt. Ein peruanischer Priester im Kampf gegen die größte Goldmine Lateinamerikas
Cajamarca im Nordwesten Perus: Seit 1994 fördert das US-amerikanische Unternehmen Newmont Mining Corporation, an dem auch die Weltbank Anteile hält, in der Region Gold.
Die offene Tagebaumine Yanacocha hat das Gesicht Cajamarcas verändert:
dort, wo früher grüne Hügel waren, starren heute riesige Erdkrater in den Himmel.
Für den Goldabbau gräbt Newmont ganze Berge und Täler um, denn um ein Gramm des Edelmetalls zu gewinnen, müssen rund zwei Tonnen Gestein bewegt werden.
Mit hochgiftigem Zyanid wird das Gold aus den Steinen gewaschen.
Übrig bleiben das Gold und eine Chemiesuppe. Denn durch die Behandlung mit dem Zyanid lösen sich auch andere Metalle aus den Steinen, unter anderem Arsen und Quecksilber, die zum großen Teil ungefiltert in die Umwelt gelangen..
Es gibt keinen sauberen Bergbau“, unterstreicht Marco Arana, Priester in Cajamarca und seit dem Entstehen des Tagebaus in den Kampf gegen die Yanacocha-Mine involviert. „Es gibt höchstens weniger schmutzigen Bergbau in Ländern, wo er besser kontrolliert wird.“
- Doch das sei in Peru nicht der Fall. Newmont bekam die Konzession zum Goldabbau, obwohl das Gebiet in rund 4.000 Metern Höhe auf der Atlantik-Pazifik-Wasserscheide liegt. Unzählige Flüsse und Quellen durchziehen die Bergland-schaft und haben von jeher den Bauern das nötige Nass geliefert, um ihre Felder zu bewirt-schaften und den Einwohnerinnen der Region und der gleichnamigen Stadt Cajamarca das Trinkwasser. Jetzt ist das Wasser verseucht oder sind manche Quelle gleich ganz versiegt, denn „Newmont gräbt sich tief in die Erde, manchmal bis zu 400 Meter tief. Dort, wo sie graben, müssen sie das Grundwasser entfernen. Sie zerstören das gesamte Bodengefüge: Wenn es vorher regnete, filterte der Boden das Wasser, das zum Grundwasser nach unten durchsickerte. Jetzt versickert das Wasser nicht mehr, es bilden sich Gruben mit saurem Wasser“, sagt Marco Arana.
Das andere Problem sei die Verschmutzung des Wassers, erzählt er: „Die Bauern sehen es jeden Tag, das Wasser verändert Geruch und Farbe. Dort, wo das mit Chemikalien verseuchte Wasser über die Felder läuft, sieht die Landschaft danach aus, als hätte man kochendes Wasser über alles geschüttet.“
Mit der Verschmutzung des Wassers kamen die Krankheiten bzw. der Tod. Es verendeten nicht nur Fische und kleinere Tiere wie Frösche in den Flüssen und Seen, auch das Vieh werde krank, erzählt Marco. Die Schafe verlören ihre Wolle und Zähne, das Horn ihrer Hufe werde dünn. Kühe bekämen Tumore oder Blutungen, etliche Tiere seien schon auf den Feldern verendet. „Aber für jedes tote Tier gibt Newmont den Bauern bisher zwei neue Tiere. Also gibt es viele Bauern, die die Situation akzeptieren. Andere aber sagen, es reicht.“
Denn auch die Gesundheit der Menschen litte unter der Yanacocha-Mine: Viele aus Cajamarca, einer ärmlichen Stadt, geprägt in ihrer Umgebung von kleinbäuerlicher Landwirtschaft, hätten Augenentzündungen und Hautkrankheiten, „vor allem die Frauen und Kinder“, sagt Marco. „Sie halten sich die meiste Zeit in der direkten Umgebung der Mine auf.“ Doch für die Krankheiten in der Bevölkerung wolle Newmont nicht verantwortlich sein, erzählt Marco Arana.
Der 47-Jährige Cajamarqueño ist zum Bergbauexperten geworden. Er kann detailliert darüber Auskunft geben, wie die Mine operiert, welche Folgen das hat und welche Gebiete bisher von der Suche nach dem Gold betroffen sind. Auf Karten zeigt er, welche Wasserläufe verseucht sind, welches Gebiet heute zur Mine gehört und ehemals das Land der Bauern war.
„Sie hatten keine Chance, sie mussten entweder ihr Land verkaufen oder wurden enteignet“, erzählt er. Noch heute kämpft der Priester mit Hilfe seiner 2002 gegründeten NGO Grufides für höhere Abfindungen an die Bauern. Die Umwelt und Menschenrechtsorganisation bietet den Bauern juristischen Rat und Unterstützung beim Führen von Prozessen. Grufides ist über die Jahre zu einer der bekanntesten NGOs in Peru geworden und Marco zu einem der wichtigsten Verteidiger der Bevölkerung im Kampf gegen die Goldmine.
Er selbst wurde in der Region Cajamarca geboren, in einer religiösen Familie. Bereits mit 12 Jahren war er Mitglied christlicher Jugendkomitees, die der Befreiungstheologie anhingen. „Ich bin groß geworden mit Priestern oder Bischöfen, die in engem Kontakt standen mit der bäuerlichen Welt. Bei uns zu Hause übernachteten häufig Bauern, weil sie nichts hatten, wo sie schlafen konnten, oder weil sie für ihr Land kämpften und verfolgt wurden. Ich habe das Christentum als etwas kennen gelernt, wo das Leben nicht vom Glauben getrennt wird. Das wahre Christentum stellt die Organisation von Gesellschaften, die Vorteile nur für einige wenige bringt und viele leiden machen, radikal in Frage.“
Dieser frühen Überzeugung von der Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit ist Marco Arana treu geblieben. Nachdem er Soziologie studiert hatte und in das Priesterseminar eingetreten war, arbeitete er eine Zeit lang in Perus Hauptstadt Lima, „weil mich die Kirche dorthin schickte.“ Doch für ihn war immer klar, er wollte zurück nach Cajamarca. Nach vier Jahren war es dann so weit. Marco wurde in Cajamarca in einer armen Landgemeinde eingesetzt. „Es gab viel Analphabetismus und Mangelernährung, Gewalt gegen Frauen. 1992 kam dann die Cholera und die Goldmine. An der Cholera starben etliche Menschen, wir mussten Wasser- und Abwasser-leitungen legen, den Leuten beibringen, das Wasser zu reinigen, es gab kein medizinisches Personal. Wir haben es geschafft, die Cholera zu besiegen aber die Mine ist gekommen, um zu bleiben.“
Doch Newmont hatte nicht mit dem Widerstand der Bevölkerung gerechnet. 2002 trotzen die Bewohnerinnen der Region dem Bergbau-unternehmen ab, dass dieses auf das Umgraben des Quillish, eines Berges, an dem wichtige Wasserquellen entspringen, verzichtet. Marco Arana musste in den tagelangen Blockaden der Straßen immer wieder vermitteln zwischen Bewohnerinnen und einer hochgerüsteten Polizei sowie den schwer bewaffneten Sicherheits-kräften der Yanacocha-Mine. Die Polizei reagierte trotzdem mit Gewalt, schoss Tränen-gasgranaten in die Menge und tötete in einer der Auseinandersetzungen einen Bauern.
Marco Arana bleibt trotzdem dabei: Von Seiten der Bevölkerung darf keine Gewalt ausgehen, „denn dann wird es viele Tote auf beiden Seiten geben, aber mehr auf unserer Seite“. Und die Bauern hören auf den Priester mit der ruhigen Stimme, der mit ihnen zusammen inmitten der Demonstrationen und Blockaden Gottesdienste abhält und ihnen Mut zuspricht.
Doch woher kommt dieser Mut, an der Seite einer benachteiligten Bevölkerung zu kämpfen, obwohl er damit das eigene Leben aufs Spiel setzt? Denn spätestens seit den Blockaden zum Schutz des Quillish ist Marco landesweit bekannt und wird in der Mehrzahl der in Peru von einigen wenigen Familien kontrollierten Zeitungen und Fernsehsendern sowie von Teilen der obersten Kirchenhierarchie angefeindet.
Morddrohungen gegen ihn und seine Familie sowie gegen die Mitarbeiter von Grufides sind mittlerweile an der Tagesordnung. In Cajamarca selbst bewegt sich Marco nur noch mit einem Leibwächter auf der Straße. Ja, er habe manchmal Furcht, gibt Marco zu. „Verliert man die, ist man nicht mehr menschlich. Aber meine Kraft rührt aus dem Wissen darum, dass wir zwar sehr klein sind, aber für etwas Gerechtes kämpfen. Diese tiefe Überzeugung hilft mir, zu leben. Und ich weiß, jenseits all des Leidens und all der Anfeindungen, der Todesdrohungen, ist mein Leben ein Motiv der Hoffnung für viele.“
Dass er eine Hoffnung für viele ist, wird er schon 2011 beweisen können. Da will er mit der neu geschaffenen Bewegung Tierra y Libertad zu den Präsidentschaftswahlen antreten. Im April 2010 soll die offizielle Kür von ihm sein. Schon jetzt mobilisiert die Bewegung beachtlich, gewinnt Anhängerinnen, darunter viele junge Menschen, auch in der Hauptstadt Lima.
Doch warum sollte gerade er die richtige Person für das Präsidentenamt sein? Die Antwort kommt prompt und bestimmt: „Ich bin nicht der Auserwählte. So etwas zu glauben, wäre unglaublich naiv. Wenn ich die Präsidentschaftskandidatur für Tierra und Libertad annehme, dann, weil ich der Sache dienen will, Gerechtigkeit zu schaffen. Dazu gehört, seine Macht, sein Charisma und die Fähigkeiten, die man hat, einzusetzen für ein Volk und sein Anliegen. Die Völker Perus, die Armen Perus, glauben daran, dass man Tierra y Libertad für den Wandel stark machen muss. An mich delegieren sie die Verantwortung, diesen Wandel mit ihnen gemeinsam anzustreben. Das nehme ich an und ich werde immer wissen, dass es nur vorübergehender Natur ist.“
Konkrete Vorstellungen, wie Peru ganz anders als derzeit zu regieren sei, hat er. So müsste der Verkauf der Bergbaukonzessionen, der in Peru derzeit rasant voranschreitet – allein 30 Prozent des Landes sind für Bergbaukonzessionen vorgesehen – verboten werden. Neue Bergbau-vorhaben in ökologisch sensiblen Gebieten würde es mit ihm an der Spitze des Landes nicht mehr geben, alte überprüft und gegebenenfalls geschlossen mit Programmen zur Unterstützung der Bergarbeiter, die ihren Job verlieren würden.
Daneben hätten die Bergbauunternehmen finanziell für die Kosten der Zerstörung aufzukommen, strikte Umweltschutzvorschriften einzuhalten und höhere Steuern abzuführen, erläutert Marco. Jenseits des Bergbausektors würde er eine Politik einläuten, die mit dem neoliberalen Ausverkauf des Landes bricht: „Wir müssen weg von der Fixierung auf die ausbeutenden Industrien und eine nachhaltige Industrie und Dienstleistung entwickeln, dabei die kleinen und mittleren Unternehmen fördern, nicht das große Kapital“, erklärt Marco.
Der Landwirtschaft müsste endlich wieder Priorität eingeräumt werden und es müsse wieder Garantien für kollektives Eigentum an Land geben. Daneben müsse das Land dezentralisiert werden und seine Institutionen eine tiefgreifende Demokratisierung erfahren. „Peru darf nicht mehr von nur einer nationalen Gruppe und einigen wenigen Familien regiert werden, die Vielfalt der Nationen, die es in Peru gibt, braucht politische Repräsentation“, sagt Arana. Und all diese Prozesse, unterstreicht er, „müssen durch Formen tiefer demokratischer Mitbestimmung begleitet werden“.
Doch bevor es so weit ist, gilt es erst einmal weiter den Widerstand gegen die Yanacocha-Mine zu organisieren. Denn die versucht erneut, sich den Quillish-Berg anzueignen und viele weitere Gebiete. Denn Newmont operiert bisher „nur“ auf 26.000 Hektar Fläche und nutzt damit aber erst rund 11 Prozent der ihr zuge-sprochenen Fläche. Da der Goldpreis stetig steigt, will Newmont möglichst immer mehr des Edelmetalls fördern. Schon jetzt spült die Mine jedes Jahr – und das ist eine vorsichtige Schätzung – über 1,5 Milliarden US-Dollar in die privaten Taschen ihrer Besitzer und beschert auch den Aktionären einen beachtlichen Geldsegen. Die Bevölkerung von Yanacocha muss hingegen die Last der sozialen und ökologischen Folgen des Goldabbaus tragen.
Marco Arana wird mit dem Aachener Friedenspreis 2010 ausgezeichnet weil er sich als unermüdlicher und hartnäckiger Verfechter der Menschen- und Umweltrechte erwiesen hat. Seit 20 Jahren kämpft er für die Bauern der betrof-fenen Gemeinden, die durch den rücksichtlosen ausbeuterischen Abbau von Gold großen Schaden an Gesundheit und Existenz erlitten haben. Er ist dabei überzeugter Verfechter des friedlichen Weges.
Wegen seiner sozialen Engagements wurde Arana von der peruanischen Regierung und Teilen der katholischen Kirche, konservativen politischen Parteien und auch Medien als Landesverräter, Marxist und Minengegner verschrien. Er wurde verfolgt, ausspioniert und erhielt Morddrohungen.
Trotz allem hat er nie an Rückzug gedacht, sondern stets gemeinsam mit seinen Mitstreitern in den Organisationen ECOVIDA und GRUFIDES solidarisch, strukturell und damit politisch für den Erhalt der natürlichen Lebensressourcen und gegen die Ausbeutung des Landes Peru und damit der kleinen Leute gekämpft.
Text:
Aachener Friedenspreis und
Eva Völpel, Berlin evavoelpel@taz.de
Bericht erschienen am 11.12.09 auf www.npla.de
Austen Peter Brandt und Phoenix e.V. (Deutschland)
Phoenix e.V. ist eine Initiative zur Überwindung bzw. nachhaltigen Verringerung des Rassismus. Dabei setzt Phoenix sowohl auf der individuellen, biographischen als auch auf der strukturellen, gesellschaftlichen Ebene an. Phoenix ist eine Initiative von unten her und wurde 1993 von dem schwarzen Deutschen Austen Peter Brandt gegründet. Die Wurzeln reichen allerdings weiter zurück.
Im Jahr 1979 kam es zur ersten Begegnung zwischen der schwarzen britischen Anti-Rassismus-Trainerin Sybil Phoenix und Austen P. Brandt. Nach einer mehrjährigen Ausbildung wurden ab 1988 die ersten Anti-Rassismus-Trainings nach englischem
Vorbild in Deutschland durchgeführt. Ein Zusammenschluss ehemaliger Trainings-Teilnehmer führte 1993 zur Gründung der Gruppe Phoenix, die dann 1996 als Verein eingetragen wurde.
Sybil Theodora Phoenix wurde am 21.06.1927 in Georgetown in British-Guayana geboren. Seit 1956 lebt sie in England. Dort machte sie als Schwarze von Anfang an rassistische Erfahrungen. Dies bewog sie, sich aktiv für die Rechte von Menschen einzusetzen, die aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden. Sie gründete ein Jugendzentrum für schwarze und weiße Jugendliche, das 1977 durch Mitglieder der „National Front“ abgebrannt wurde. „Wie ein Phoenix aus der Asche“ entstand ein neues Zentrum, das im März 1981 in Anwesenheit von Prinz Charles eröffnet wurde.
Entgegennehmen wird den nationalen Aachener Friedenspreis 2010 der Gründer und Vorsitzende von Phoenix e.V. Austen Peter Brandt. Der verheiratete Vater von drei Kindern lebt und arbeitet als evangelischer Pfarrer in Duisburg. Geboren am 01.12.1952 in London, wuchs er von seinem zweiten Lebensjahr an in Essen auf. Später vertiefte sich der Kontakt zu dem nigerianischen Teil seiner Familie. Durch zahlreiche Auslandsreisen innerhalb von Europa, Afrika und Asien machte er Erfahrungen mit verschiedenen Kulturen, Formen des interkulturellen Zusammenlebens und mit verschiedenen Strategien gegen Rassismus.
Das anti-rassistische Engagement von Phoenix e.V. beginnt in den Trainings mit Aufklärung und Bildung und wird darüber hinaus getragen von Multiplikatorinnen in vielen Städten und Regionen Deutschlands. Menschen mit Wurzeln aus mehr als dreißig Ländern zählen zu den Mitgliedern von Phoenix. Aufgrund ihrer Erfahrungen im Überbrücken von Sprachgrenzen, kulturellen und religiösen Barrieren werden sie in der Phoenix-Terminologie als „Brückenmenschen“ bezeichnet.
Im Anti-Rassismus-Training richten Mitglieder der weißen Mehrheitsgesellschaft ihren Blick auf die Geschichte und die Mechanismen des Rassismus, auf antirassistische Strategien und die eigene Prägung durch den Rassismus. Biographische Arbeit, Rollenspiele, Informationen, Einzel- und Gruppenarbeiten zum Thema Rassismus stehen auf dem Trainingsprogramm. Die Teilnehmer sollen ermutigt werden, das eigene – vom Rassismus geprägte – Selbstbewusstsein kritisch zu betrachten, ohne dass dabei mit den Kategorien Schuld und Betroffenheit gearbeitet wird.
Das Training baut die Teilnehmenden auf und hilft ihnen, das kleine (individuell, biographische) und das große (gesellschaftliche, strukturelle) Geflecht des Rassismus zu erkennen und sich die Frage zu stellen: Wer bin ich als Weiße? Wer bin ich als Weißer?
Die Ergebnisse der Critical Whiteness Studies aus dem US-amerikanischen und dem englischen Raum fanden erst in den letzten Jahren ihren Weg in die deutschen Universitäten. In den Phoenix-Trainings gehören die Fragen nach der Konstruktion von „Rasse“ und nach einer so genannten Weißen Identität ohne „Rasse“ seit 1993 zum Trainingsinhalt. Rassismus gibt es — menschliche „Rassen“ nicht.
Noch immer finden sich in den Lehrplänen von Schulen, in Biologiebüchern und den Köpfen von Lehrerinnen und Erzieherinnen Bilder und Texte für die längst widerlegte These von der Einteilung der Menschen in „Rassen“ und „Rassenkreise“. Phoenix e.V. fordert mit vielen anderen, z.B. dem Deutschen Institut für Menschenrechte, den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz zu streichen und setzt sich für die Streichung der unsäglichen und wissenschaftlich überholten Einteilung der Menschen in „Rassen“ und „Rassenkreise“ aus Schulbüchern und Curricula des Faches Biologie ein.
Ein weiterer zentraler Baustein der Phoenix- Vereinsarbeit ist die Organisation und Durchführung von Empowerment Trainings. Diese richten sich an Menschen, die in Deutschland Erfahrungen von Rassismus machen. Unter den Teilnehmenden finden sich Schwarze Deutsche, Migrantinnen, Asylbewerberinnen und Flüchtlinge.
In unserer Gesellschaft erleiden sie Rassismus in verschiedener Form, verschiedener Intensität und in verschiedener Ausprägung. Doch immer gleich ist der Grund für die Diskriminierung: die dunklere Hautfarbe.
Der Anteil dieser Menschen in unserer Gesellschaft wird größer und die Bedrohung durch rassistische Angriffe steigt. Auch der alltägliche Rassismus hat eine enorme Bedeutung für das Leben hier. Er beginnt oft bereits in Kindergarten und Schule.
Offene Abgrenzung und Ausgrenzung, Schimpfworte und Gewalterfahrungen begleiten Kinder mit dunkler Hautfarbe oder vermeintlich nicht-deutschen Eltern vielfach während der gesamten Schulzeit. Deshalb gehören auch die Beratung und Begleitung von Opfern rassistischer Gewalt zu den Angeboten und selbst gestellten Aufgaben von Phoenix e.V.
Über die Trainings- und Beratungsangebote hinaus engagiert sich Phoenix in vielfältigen Zusammenhängen und mit verschiedenen Bündnispartnerinnen gegen den alltäglichen, strukturellen und organisierten Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland und beteiligt sich an Protesten und Aktionen gegen „Pro NRW“, NPD und anderen Neonazi-Provokationen, gegen die Leugnung rassistischer Gewalt und für Projekte eines gleichberechtigten interkulturellen Zusammenlebens. Dazu gehört auch der inter-religiöse Dialog.
Als in Duisburg-Marxloh Deutschlands größte Moschee entstand, entwickelte sich zwischen Phoenix e.V., der Moscheegemeinde und dem Verein für die Begegnungsstätte ein intensiver Austausch. Zuletzt wurde Phoenix e.V. im Rahmen der Gegendemonstration gegen den Aufmarsch von NPD und „Pro NRW“ im März 2010 in Duisburg-Marxloh aktiv.
Seit dem Jahr 2000 ist Phoenix e.V. auch im Land Brandenburg aktiv. Dort bedrohte die NPD in Fürstenwalde ein von Phoenix durchgeführtes Seminar. Der NPD-Pressesprecher Klaus Beier erklärte, dass das Seminar „deutschfeindlich“ sei, weil Deutsche nur weiß sein könnten. Dies erinnert an die rassistischen NPD-Plakate zur Fußball-WM in Deutschland mit der Hetzparole „Für eine weiße Nationalmannschaft“.
Der Aachener Friedenspreis hält die Arbeit von Phoenix e.V. für äußerst notwendig, da Rassismus einer der weitgehend nicht aufgearbeiteten konstitutiven Faktoren der gesellschaftlichen Realität in Deutschland und Europa darstellt.
Mit der Preisverleihung an Phoenix e.V. will der AFP mit dazu beitragen, dass der Rassismus aus der Tabuzone befreit wird.
Ein gemeinsames Ziel von Preisgeber und Preisträger besteht darin, reflektierte Schritte gegen den Rassismus zu unternehmen und Energie einzusetzen im Aufbau von anti-rassistischen Strategien und Strukturen.
Frieden innerhalb einer Gesellschaft kann nur in dem Maße gelingen und verwirklicht werden, in dem Rassismus und jede andere Form der Ausgrenzung und Ungleichheitsideologie überwunden werden.
Begrüßungsrede von Karl-Heinz Otten
Impressionen der Preisverleihung
Fotos: Michael Klarmann
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Marco Arana zu Besuch in Deutschland
Von Marco Aranas profunden Kenntnissen im Bereich Umwelt konnten sich Teilnehmer einer international besetzten Umweltkonferenz überzeugen, zu der die Deutsche Welle nach Bonn eingeladen hatte. Eine Delegation des Aachener Friedenspreis nutzte die Gelegenheit , den internationalen Preisträger schon jetzt kennen zu lernen.
„Ich habe den Aachener Friedenspreis nicht erwartet, bin aber glücklich über die Wertschätzung meiner Arbeit, er wird mir und den Menschen in Cajamarca sehr helfen“, so Marco Arana.
Marco Arana nutzte die Gelegenheit um der Pfarre St. Josef in Herzogenrath einen Besuch abzustatten. Der Arbeitskreis Peru dieser Pfarre hatte ihn für den Preis vorgeschlagen. In Begleitung von Karl Heinz Otten und Helmut Schulte vom Aachener Friedenspreis und Juan Josi, dolmetschender Misereror-Mitarbeiter, standen der Besuch einer Grundschulklasse in Herzogenrath-Strass, das Gebrauchtwaren-Kaufhaus Patchwork und das Projekt Tellerrand auf dem Tages-Programm.
Geduldig ging Marco Arana auf die Fragen der Grundschülerinnen – und –schüler ein. …Sind sie verheiratet? Haben sie Kinder? Oder Haustiere? Ich dachte Sie seien schwarz! Oder größer! Oder jemand wie der Papst! Fragen zu seinem Land Peru, zu den Menschen dort und den Lebensbedingungen der Bauern. „Warum tut denn die Regierung nichts?“, klingt aus dem Munde eines Neunjährigen recht ungewöhnlich und sorgte für anerkennendes Schmunzeln.
Auf die Frage, warum gerade Marco Arana den Aachener Friedenspreis erhält, erklärte der Vorsitzende Karl Heinz Otten den jungen Zuhörern: „Ausgezeichnet werden Menschen, die sich von ganz unten an der Basis um Frieden bemühen. Genau das macht Marco Arana“. Seit vielen Jahren setzt er sich für die Bauern in Cajamarca ein, unterstützt ihren Protest gegen die Ausbeutung durch die Herren der Goldmine, setzt sich für den Umweltschutz ein und kämpft für die Menschenrechte.
Gemeindereferent Wilfried Hammers erläutert die Projekte „Tellerrand“ und „Gebrauchtwagenkaufhaus Patchwork“ und betont die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Marco Aranas Heimatgemeinde. Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist für ihn hier das entscheidende Stichwort. Wir können sehr viel von dem Engagement unserer peruanischen Freunde und Freundinnen lernen.
Bei seinem nächsten Besuch, nach der Preisverleihung am 1. September, erwartet den internationalen Aachener Friedenspreisträger Marco Arana im Rathaus Herzogenrath ein großer Empfang, in dessen Mittelpunkt seine Eintragung in das goldene Buch der Stadt Herzogenrath stehen wird.
Marco Arana, der Träger des Aachener Friedenspreis 2010 war am Samstag den 10. Mai zu Gast im Aachener Welthaus.
Ein Bericht von Ulla Epstein
Er kam von einer Tagung des „Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder e.V.“ in Luxemburg, wo er über den unermüdlichen Kampf an der Mine Yanacocha gegen die wirtschaftlichen Interessen des Bergbau-Unternehmens Newmont Mining in Einklang mit den Lobbyisten in der peruanischen Regierung berichtete.
Am Abend fuhr er zum Deutschem Jahrestreffen der NGOs die zu Perú arbeiten, nach Köln. Zum Gespräch im Welthaus erschienen zahlreiche Mitglieder des Arbeitskreises Perú der Pfarre St. Josef in Herzogenrath. Sie hatten Marco Arana vor 3 Jahren für den AFP vorgeschlagen. Auch die nationalen Preisträger von damals „ Phoenix“ kamen aus Duisburg mit einer Delegation. Es war ein freudiges Wiedersehen.
Er konnte uns berichten wie wichtig die Auszeichnung für seine persönliche Sicherheit aber auch für die andere Mitglieder von GRUFIDES ist. *Während er nicht mehr von anonymen Bedrohungen und Einbrüchen bedroht wird, musste die Rechtsanwältin Mirta Vázques der Vereinigung für die Sicherheit ihrer zwei kleinen Kinder fürchten. Er erzählte, dass im Dezember 2013 es einer Gruppierung von Anonymen Hackern gelungen war, in das Netz des Innenministeriums zu gelangen wo die als „Terroristen“ gesuchten Personen genannt wurden, darunter auch er, Marco Arana mit Bild.
Als Unterstützer Gruppen zählt GRUFIDES mit dem Nationalen Netzwerk für Menschenrechte (Muqui: auf quechua Schutzschirm(?)) Auch berichtete er über die Lateinamerikanische Stelle zur Beobachtung von Bergbaukonflikten mit Sitz in Santiago de Chile.
Andererseits werden regelmäßig Anklagen (24 in einem Jahr) gegen ihn unter den fadenscheinigsten Begründungen (Korruption, Bereicherung, Aufstand) erhoben. Diese sind nicht nur kostspielig, sondern rauben ihm auch viel Zeit und verhindern, dass er immer dort auftreten kann, wo er benötigt wird.
Das über zwei Stunden andauernde Gespräch orientierte sich an den vielen Fragen der Zuhörer. So betonte er wie wichtig, auch in einem entlegenen Andendorf, die sozialen Netzwerke sind. Auch findet die Zusammenarbeit mit Doktoranden, die mit wissenschaftlichen Studien die Folgen für Mensch und Tier durch Tagebauminen belegen statt und wird weiterhin gesucht.
Er betrachtet es als einen Erfolg, dass endlich, nach 15 Jahren in Perú in 2009 ein Umweltministerium eingerichtet wurde, dass unabhängig vom Wirtschaftsministerium ist, leider noch mit zu wenig Mitteln ausgestattet. Ein Erfolg ist es auch in Ecuador, dass die öffentlichen Proteste so stark sind, dass die Regierung eine Bergbauausbeutung des Landes scheut.
Ein großes Problem ist in Peru die Medienkonzentration in den Händen einer einzigen Familie, die außerdem Besitzerin einer Baufirma ist, die große Aufträge von den Minenbetreibern erhält. Eine unparteiische öffentliche Meinungsbildung ist somit kaum möglich.
Zum Abschluss nannte er vier wichtige Zeile der Arbeit.
1. Die Einbeziehung der indigenen Bevölkerung im Vorfeld der Planung, so wie es die ILO-Konvention Nr. 169 vorsieht.
2. Die Erschaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs gegen Umweltfrevel, in Anlehnung an den Internationalen gegen Menschenrechtsverletzungen in Den Haag
3. Die Forderung dass Internationale Unternehmen weltweit nach den gleichen Umweltstandards handeln müssen. (Was in Europa oder USA verboten ist, muss überall gelten.)
4. Die Erschaffung g eines lokalen Umweltentwicklungsplans, so dass die Folgen in einer Region noch in er Planungsphase erkannt erden können-
Z.B. : In 2011, als sein Auto durch eine Sperre gezwungen wurde zu halten, konnten er und seine Mitstreiter in das Haus eines Bauern flüchten. Dass schon 14 Stunden später er auf freiem Fuße war schuldet er .s.E. der Wirkung des Aachener Preises und unzähliger Protestschreiben.