Jugend fordert im Tagebau das Ende der Kohle ein – Klimaschutz und Generationengerechtigkeit ‘umsetzen statt aussitzen‘
Am Abschlusstag der UN-Klimakonferenz COP23 laufen auch die kreativen Proteste zur Höchstform auf. Mit einem knapp 100 Meter langen und mehr als 2 Meter breiten Banner demonstrierten Aktivist*innen des Jugendnetzwerks für politische Aktionen (JunepA) am Morgen des 17. November im Braunkohletagebau Hambach. Vor der Kulisse des gigantischen Lochs mit seinen martialischen Schaufelradbaggern entrollten sie den Schriftzug „It’s up to us to keep it in the ground“ (Es liegt an uns, es im Boden zu lassen). Das Banner mit den enormen Ausmaßen machte bereits 2015 anlässlich des Klimagipfels in Paris als Banner der indigenen Völker Schlagzeilen. Dieses Mal ist es das Banner der Jugend. An einem symbolträchtigen Ort fordert JunepA so mit nachdrücklichem zivilem Ungehorsam die sofortige Einleitung eines konsequenten Ausstiegs aus dem Klimakiller Braunkohle.
„Konferenzen sind ein wichtiger, aber alleine völlig unzureichender Rahmen für den Klimaschutz“, sagt Mira Jäger, Sprecherin von JunepA. „In Bonn haben zigtausende Delegierte zwei Wochen lang darüber diskutiert, wie sich die Klimaziele aus Paris umsetzen lassen. Von dem radikalen Wandel, den das dort beschlossene 1,5°C-Ziel erfordert, ist aber absolut nichts zu spüren“. Jäger verweist auf eine Greenpeace-Studie, nach der Deutschland seine Treibhausgasemissionen bereits bis 2026 auf Netto-Null zurückfahren muss, um eine Erwärmung der Erdatmosphäre um mehr als 1,5°C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu verhindern. 2016 und 2017 stiegen die Emissionen jedoch im Gegenteil sogar weiter an. Das deutsche Kohlenstoffbudget ist fast aufgebraucht, die Bundesrepublik ist weit entfernt von allen angekündigten Klimazielen. Das Einzige, was einen verheerenden Klimawandel noch verhindern kann, ist aus Sicht von JunepA die sofortige Abkehr von allen fossilen Energieträgern, zu allererst von der ohnehin ineffizienten und zerstörerischen Braunkohle. Das wollen die Aktivist*innen vor allem den Jamaika-Sondierungsrunden ins Stammbuch schreiben, denn dort werden die Weichen in Richtung einer Rolle Deutschlands als Klimanachzügler statt als Klimavorreiter gestellt.
Doch alle Menschen, nicht nur die Regierungen, müssen handeln. „Unsere Gesellschaft muss schleunigst dekarbonisiert werden: die riesigen versteckten Kosten der fossilen Energie sind um ein Vielfaches höher als die Kosten des gesellschaftlichen Wandels“, pflichtet Lea Heuser bei. Sie ist Sprecherin des Aachener Friedenspreis e.V., der seinen gleichnamigen Preis erst im vergangenen September an das Jugendnetzwerk verliehen hat. Klimapolitik ist aus Sicht des Vereins längst nicht mehr von Friedenspolitik zu trennen. Der verschwenderische Lebensstil in den Industrieländern stürzt die gesamte Menschheit in eine Klimakatastrophe. „Wir treiben so die verwundbarsten Menschen unseres Planeten in verzweifelte und ausweglose Lebenslagen. Für das Leid der Katastrophentode und weltweiten Fluchtbewegungen der Zukunft haben wir heute die Verantwortung zu tragen“, erklärt Heuser.
JunepA und der Aachener Friedenspreis fordern dazu auf, nicht mehr auf träge politische Maßnahmen zu warten. Konkrete Handlungen müssen vor Ort durch die Zivilgesellschaft und soziale Bewegungen durchgesetzt werden.
„Wir werden weltweit für globale Gerechtigkeit sowie für Gerechtigkeit zwischen den Generationen kämpfen“, sagt Mira Jäger. Und tatsächlich wächst die Klimabewegung, der Druck steigt. Die Gesellschaft beginnt, die systemischen und persönlichen Strukturen zu hinterfragen, die die Klimakatastrophe vorantreiben. „Es wird dringend Zeit, dass jede und jeder Einzelne den eigenen Einfluss erkennt und geltend macht, sonst wird es auf der Erde sehr bald sehr ungemütlich“, schließt Lea Heuser.